Sammeltrends auf der Sberatel-Messe in Prag
Phantasy-Banknoten als Nachfolger der Null-Euro-Scheine?
Ein 50-Mark-Schein aus der Bundesrepublik mit dem Bildnis von Willy Brandt aus dem Jahr 2018? Eine Bier-Banknote mit einem Nennwert von 12 Prozent? Eine Banknote aus Wales mit dem Bildnis von Lady Diana? Beim Spaziergang über die Sberatel-Messe in Prag blieb der sachkundige Banknotensammler sicher mehr als einmal ungläubig stehen. Was dort auf einigen Tischen lag, sah auf den ersten Blick aus wie ein echter Geldschein: Ein aufwändiger Druck mit feinsten Details, hochwertige Sicherheitsmerkmale, eine professionelle Banknotenhülle zum Schutz des Sammlerstücks – doch diese besonderen Banknoten waren nie als Zahlungsmittel im Einsatz und werden es nie sein. Trotzdem sind sie bei Sammlern begehrt – manche sprechen sogar von den Nachfolgern der Null-Euro-Banknoten.
Die Faszination der Phantasy-Banknoten
Viele osteuropäische Sammler begeistern sich für die Kreativität der Banknotendesigner, die neben den Null-Euro-Scheinen nun auch verstärkt das Feld der sogenannten „Phantasy Notes“ erschließen. Hierbei handelt es sich um Musterbanknoten (deshalb werden sie alternativ auch als „Essay“ oder „Test Note“ bezeichnet), die nach dem Vorbild klassischer Geldscheine gestaltet wurden, aber fiktive Währungsangaben, Ausgabeanlässe oder Länderbezeichnungen tragen.
Die Scheine üben durch ihre detailverliebte Gestaltung, oft nach dem Vorbild früherer Geldschein-Generationen, eine unheimliche Faszination aus. Dabei kommt modernste Drucktechnik zum Einsatz und die Fake-Banknoten weisen sogar Sicherheitsmerkmale auf. Dieser Luxus hat jedoch seinen Preis: Einzelne Phantasy-Banknoten werden für 100 Euro oder mehr gehandelt.
Banknotenkünstler Matej Gabris
Einer der Stars der Banknotenkunst ist Matej Gabris. Der Slowake war mit einem eigenen Stand auf der Sberatel-Messe vertreten und schreibt auf seiner Website: „Bei der Gestaltung von Banknoten geht es darum, ein grafisches Bild mit einem Geheimnis zu entwerfen, das dem Betrachter einen Trick vorspielt, der seinem Auge verborgen bleiben wird. Was mich an Banknoten schon immer fasziniert hat, sind Drucktechniken, Schutzelemente und technische Perfektion. Für mich ist eine Banknote eine exquisite grafische Miniatur mit ausgefeilter Komposition.“ Gabris hat mit dem Sammeln von Banknoten begonnen, als er sechs Jahre alt war: „Mir gefiel, dass sie für jedes Land einzigartig sind. Ich hielt sie wie kostbare kleine Schätze.“ In den letzten Jahren hat sich Gabris in Osteuropa einen Namen als Grafiker gemacht und beispielsweise für die Slowakische Post gearbeitet.
Alles, was in der realen Welt undenkbar ist, macht Matej Gabris mit seinen Fantasiebanknoten möglich: Er gestaltete beispielsweise eine norwegische Banknote, ganz im Stil des kühlen und nüchternen Designs der norwegischen Notenbank. Doch der Nennwert seines Geldscheines ist nicht in Kronen angegeben, sondern lautet schlichtweg „Tusen Takk“ oder auf Deutsch „1000 Dank“. Für die ehemalige DDR erschuf er eine Banknote zu 300 Mark in altbekannt sozialistischer Sachlichkeit, mit Erich Honecker auf der Vorderseite und einem Trabi auf der Rückseite. Besonders gern interpretiert Matej Gabris die Banknoten aus der Tschechoslowakei neu, die ihm als Sammler aus Kindertagen noch geläufig sind.
Auch wenn der Sammeltrend der Phantasy-Banknoten in Deutschland noch nicht angekommen ist – in Osteuropa ist er seit einigen Jahren auf dem besten Weg, zu einer Alternative zu den beliebten Null-Euro-Banknoten zu werden, bei denen es sich in gewisser Weise auch um Fantasie-Geldscheine handelt. Die Gründe für die Ausgabe von Phantasy-Banknoten sind vielfältig: Mal wurden sie von fiktiven Staaten ausgegeben, die auf sich aufmerksam machen wollen. Meist nutzen professionelle Grafiker wie Matej Gabris die Banknoten als Darstellungsform. Und stets haben die Urheber die Hoffnung, dass die Scheine durch ihre hochwertige Gestaltung und eine strenge Limitierung (die Banknoten aus der Feder von Matej Gabris werden stets in äußerst geringer Auflage in drei- bis vierstelligen Stückzahlen gefertigt) zu begehrten Sammlerstücken werden.
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