Die Australier waren ziemlich spät dran, als sie im Jahr 1990 erstmals den Kookaburra in Silber auf den Markt brachten. Mitte der achtziger Jahre erkannten die meisten anderen Mitbewerber, allen voran die United States Mint und die Royal Canadian Mint, das Potenzial von Edelmetall-Anlagemünzen in Silber - 1986 erschien erstmals der American Eagle in Silber, 1988 der Maple Leaf und 1989 der China Panda als Bullionprägung für Anleger. Die Chinesen hatten zudem eine besondere Idee, um sich von der Konkurrenz abzusetzen - sie leisteten sich jedes Jahr eine neue Gestaltung für ihre Silberanlagemünzen, während die Gestaltung von Eagle, Maple Leaf und Co. gleich blieb.

Es hatte wohl kaum jemand damit gerechnet, dass sich mehr als drei Jahrzehnte später sowohl Sammler als auch Anleger aus aller Welt regelrechte Bietergefechte um die Silberunzen der Perth Mint liefern würden. Doch für viele Jahrgänge der Kookaburra-Silbermünzen sowie der Anlageprägungen mit der Lunar-Serie (seit 1999) und dem Koala (seit 2007) werden inzwischen Preise gezahlt, die ein Vielfaches des aktuellen Silberpreises ausmachen: So haben sich allein zwischen 2017 und 2022 die Preise für sechs Kookaburra-Jahrgänge mehr als verdoppelt. Ähnlich sieht es bei diversen Ausgaben der Koala-Münzen aus Australien aus, wie eine exklusive Analyse der Leuchtturm-Numismatik-Redaktion zeigt.

Wenn Anlagemünzen zu begehrten Sammlerstücken werden

Wer vor fünf Jahren sein Geld in Silbermünzen aus Australien gesteckt hat, kann sich also über stattliche Wertzuwächse freuen, die deutlich über der Entwicklung des Weltmarktpreises für Silber liegen. Eine Feinunze Silber kostete Mitte des Jahres 2017 etwa 14 Euro und ist bis Ende Juli 2022 auf 18,50 EUR gestiegen - dies entspricht einem Wertzuwachs von circa 28 Prozent in fünf Jahren. Zum Vergleich: Der Kookaburra-Jahrgang 2002 hat im gleichen Zeitraum einen Wertzuwachs von 275 Prozent erzielt.

Diese Entwicklung ist aus mehreren Gründen erstaunlich: So handelt es sich bei den Kookaburra und Koala Silbermünzen, aber auch bei anderen renditeträchtigen Sammlerstücken wie dem Panda aus China, eigentlich um Investmentprodukte - ihr Wert sollte sich eigentlich am Rohstoffpreis für Silber orientieren. Dies trifft auch auf viele Anlagemünzen wie den Maple Leaf, den Wiener Philharmoniker oder die Britannia zu. Vor allem Tiermotive entwickeln jedoch in Hinblick auf die Preisentwicklung ein Eigenleben - und bescheren ihren Besitzern eine Rendite, von der ein Silberbarren-Käufer nur träumen kann. 

Perth Mint: Die Nachfrage bestimmt das Angebot

Außerdem stehen vor allem solche Jahrgänge hoch im Kurs, die zum Zeitpunkt der Ausgabe kaum jemand haben wollte - doch genau hier liegt das Geheimnis des Wert-Wunders: Bei Anlageprodukten der Perth Mint ist eine Obergrenze für die jährliche Auflage festgelegt. Es werden so viele Münzen geprägt, wie der Markt gerade benötigt. Ist die Nachfrage niedrig, wird die maximale Prägemenge nicht ausgeschöpft. Genau dies war zwischen 1998 und 2006 bei den australischen Silbermünzen der Fall: Für Silber interessierte sich damals kaum jemand, nur eingefleischte Silber-Fans blieben der Perth Mint treu - und die damaligen Geheimtipps wurden zu Raritäten.

Die Kookaburra und Koala Silbermünzen aus Australien sind zwei Beispiele für einen Trend, der seit vielen Jahren anhält und immer weiter an Bedeutung gewinnt: Silberanlagemünzen, im englischsprachigen Raum auch als sogenannte "Bullion Coins" bekannt, geraten in den Fokus von Sammlern. Sie interessieren sich vor allem für die Münzen mit jährlich wechselnden Motiven. Doch sogar einzelne Jahrgänge der klassischen Anlagemünzen wie dem Maple Leaf oder der Britannia können einen Sammlerwert entwickeln.

Für Sammler und Anleger bietet dieser Trend viele Chancen - sie sichern sich beim Kauf einer Silbermünze eine doppelte Wertentwicklungschance, einerseits durch steigende Rohstoffpreise, andererseits durch den Liebhaberwert. Und meist fungiert der Silberpreis als Wertversicherung nach unten, während der Sammlerwert durchaus in Regionen vorstoßen kann, die für Silberanleger sonst nicht erreichbar wären. Dies trifft neben den australischen Anlagemünzen vor allem für die Panda-Prägungen aus China zu – in Asien kämpfen wohlhabende Sammler um so genannte „Mastersets“, sie stellen also ein Exemplar jedes Pandas in möglichst makelloser Erhaltung zusammen. Und dafür schlagen sie auch verstärkt in Europa zu, weil der Markt in China so gut wie leergefegt ist.

Preisentwicklung von Kookaburra, Koala und Panda von 2017 - 2022